Sozialgericht Berlin: Schwere Belästigungen berechtigen zum Umzug
10.11.2013
Ein kurzfristig übernommener Fall konnte von Rechtsanwalt Schauer kürzlich erfolgreich abgeschlossen werden.
Die Mandantin klagte bereits seit 2011. Sie war von dem Bezirk eines JobCenters ohne dessen Zustimmung in den Bezirk eines anderen gezogen. Zwar war die jeweilige Miete der jeweiligen Wohnung an sich angemessen nach den Kriterien der JobCenter. Allerdings lag die Bruttowarmmiete in der neu bezogenen Wohnung etwas höher und das neu zuständige JobCenter übernahm nur die Miete der alten Wohnung. Die Differenz zwischen realer Miete und der, die das JobCenter zahlte, musste die Mandantin zunächst selbst tragen.
Dagegen ging die Mandantin zunächst mit Hilfe ihres Betreuers in Widerspruch. Sie begründete den Umzug mit mehreren Argumenten. Hauptsächlich jedoch damit, dass sie in der alten Wohngegend von Jugendlichen beleidigt, gestalked, geschubst und anderweitig körperlich bedroht wurde. Das entsprechende Wohnviertel war bereits seit 2008 ordnungspolitisch in die öffentlichen Schlagzeilen geraten. Hinzu kam, dass der Vermieter auf Mangelbeseitigungsanforderungen (Wasserschäden, Einbruch in den Keller) gar nicht reagierte.
Die Mandantin litt unter der Situation. Sie bekam Angst und Panik, wenn sie von ihrer Arbeit nach Hause kam. Sie bat oft ihre Schwester, sie vom Bus abzuholen und bei ihr zu schlafen. Die Mandantin litt trotz der geschwisterlichen Unterstützung immer mehr unter Depressionen.
Nach dem Umzug ging es der Mandantin besser. Sie konnte ihre Ausbildung, die sie wegen der psychischen Zustände unterbrochen hatte, wieder aufnehmen und steht vor dem Abschluss. Das alles interessierte das zuständige JobCenter der neuen Wohnung nicht. Es lehnte den Widerspruch der Mandantin ab.
Der Fall zog sich wie Kaugummi vor dem Sozialgericht Berlin. Endlich gab es jedoch einen Termin. Die Mandantin wollte diesen nicht alleine bestreiten und bat Rechtsanwalt Schauer um Beistand. Im Termin konnte nach Vernehmung der Mandantin und ihrer Schwester als Zeugin das JobCenter überzeugt werden, die volle Miete anzuerkennen. Denn die Schwester der Mandantin konnte die Belästigungen und Bedrohungen in ihrer Erheblichkeit bestätigen. In diesem Fall würde jeder vernünftige Mensch wegziehen. Daher darf dies auch ein Hartz IV Empfänger.
Hinweis: Das Gericht hat hier nicht mit einem Urteil entschieden, weil das JobCenter aufgegeben hat. Fraglich wäre gewesen, ob das Verhalten des alten Vermieters, der schwere Mängel nicht beseitigte, ebenfalls zu einem Umzug berechtigt hätte. Hier ist immer zu berücksichtigen, dass der Mieter und Hartz IV Empfänger zunächst sämtliche Möglichkeiten ausschöpfen muss, um den Vermieter zur Mangelbeseitigung zu bewegen. Daher berechtigt nicht jedes schäbige Verhalten des Vermieters zum Umzug. Lassen Sie sich bitte beraten, damit in der neuen Wohnung keine Mietschulden entstehen.